By Anna Hauer

Sexuelle Selbstfindung: Interview mit Lustfaktor-Sexualpädagogin Julia Henchen

Fast 19.000 Menschen erreicht Julia Henchen mit ihrem Account lustfaktor. Die Buchautorin bietet (online) Paar- und Sexualtherapie an und klärt über Sexualität, Vorurteile und den eigenen Körper auf. Mit ihr haben wir über sexuelle Selbstfindung gesprochen. 

Du arbeitest in der Therapie und Beratung mit Einzelpersonen und Paaren. Womit wird am häufigsten gestruggled?

Häufigste Themen sind sexuelle Unlust oder zu viel Lust, Affären, Trennung, Menschen aus der Vergangenheit, die man nicht loslassen kann, Erektions- und Orgamusschwierigkeiten, Traumata und Bindungsprobleme.

 

Was bedeutet sexuelle Selbstfindung für dich? Wo siehst du die Verbindung zum weiblichen* Zyklus?

Für mich bedeutet das, dass jeder Mensch seine Sexualität so leben sollte, wie er*sie es möchte, ob mit oder ohne. Solosex bedeutet für mich sexuelle Freiheit. Die Verbindung zum Zyklus sagt für mich aus, dass, wenn wir den Zyklus kennen, sich damit häufig auch viel anderes verstehen lässt, wie beispielsweise Lust und Unlust.

Was sind negative Glaubenssätze, die häufig vorkommen und die du aufzubrechen versuchst?

Dass die Periode ekelig ist, dass man währenddessen keinen Sex haben sollte und falls es dazu kommen sollte, das grausig ist. Oft wird geglaubt, dass Geschlechtsverkehr während der Menstruation gefährlich ist. Natürlich ist hier der Schutz vor Schwangerschaft und sexuell-übertragbaren Krankheiten wichtig, aber es sollte keine Panikmache herrschen. Oft höre ich auch: Menstruierende werden zickig. Solosex ist nur für Männer* da, Frauen* würden das nicht tun. Weibliche* Personen, die zu viel Sex haben, sind Schlampen. 

Es gibt noch viele negative Glaubenssätze mehr. Vor allem Themen rund um den Körper, dass man sich ekelig oder hässlich fühlt, sollte aufgeklärt werden.

Was rätst du Personen, die die eigene Sexualität/den eigenen Körper mit Scham und Schuldgefühlen behaftet erleben?

Große Frage, denn häufig ist das doch eher eine Reise hin zur Selbstakzeptanz und Selbstannahme, dazu gehört natürlich den Körper zu erkunden, kennenzulernen, herauszufinden, was einem gefällt, wie wir berührt werden wollen.

Spannend finde ich auch, einmal zu schauen, woher die Schuld und Scham rührt, häufig werden wir ja stark durch unsere Kindheit und Jugend geprägt. Also darin, wie wir zum Beispiel aufgeklärt worden sind oder wie in unserer Ursprungsfamilie mit dem Thema umgegangen wurde. Wie gingen beispielsweise auch unsere ersten und jetzigen Sex- und Liebespartner:innen mit dem Thema um und auch mit unserem Körper? Daraus können wir ganz viel über uns und unsere Geschichte erfahren.

Was muss sich deiner Meinung nach in der Gesellschaft verändern, damit noch offener über Sexualität und Menstruation gesprochen wird?

Ich denke, wir brauchen ein Schulfach, wo regelmäßig über das Thema gesprochen wird und nicht nur einmal im Jahr oder einmal während der Schullaufbahn. Wir müssen, wie meine Kollegin Debora Vogt immer so schön sagt, unaufgeregt über das Thema sprechen lernen und somit das Tabu brechen.

Wenn du dich für Julias Arbeit interessierst, findest du mehr Informationen auf ihrer Website. Du willst dich zum Thema Orgasmusstörung informieren? Hier findest du unseren Artikel dazu. 

Credit Bild von Julia: Kim Hoss

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Wichtig! Dieser Artikel darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung herangezogen werden, da er sehr allgemein gehalten ist. Wenn du Beschwerden hast, dich krank fühlst (physisch oder psychisch) oder noch mehr zu diesem Thema wissen möchtest, hole bitte ärztlichen Rat ein.