

· Von Anna Hauer
"Autorität über wundervoll-wilden Körper": Interview mit Body Worker Victoria Romer
Dass Hormone viele körperliche und psychische Prozesse beeinflussen, ist geläufiges Wissen. Diese können aber nicht nur mit Medikamenten, Supplements oder Alternativmedizin in Balance gebracht werden, sondern auch mit sanfter Körperarbeit. Victoria Romer begleitet Menstruierende beispielsweise mit Yoni-Steaming und personalisierten Sitzungen dabei, sich (wieder) als Frau* wohlzufühlen.
Du arbeitest als Body Worker und Women's* Health Educator, setzt dich daher viel mit dem weiblichen* Körper und den Hormonen auseinander. Warum ist es so wichtig, dass die Hormone in Balance sind und was sind die häufigsten Störfaktoren?
Die kurze Antwort: Hormone sind wichtig, um das Leben zu genießen und gesund zu sein. Wenn wir an Hormone denken, dann kommen uns meistens Östrogen und Testosteron in den Sinn. Aber unsere Hormone steuern so ziemlich alles in unserem Körper: unseren Stoffwechsel, den Tag-Nacht-Rhythmus (Schlafstörungen), Blutdruck, Stimmung, Wachstum, Libido, Zyklus, Fruchtbarkeit, usw.
Im Grunde kann man sich Hormone als kleine Boten vorstellen, die wirklich alles Wichtige im Körper steuern (inkl. unserer Gefühle und mentalen Zustände). Nun ist es aber so, dass unser endokrines System, also unser Hormonhaushalt, ein sehr komplexes System ist. Stellt euch ein Brett auf der Wand vor, an welchem ihr 200 Fäden kreuz und quer gespannt habt, wenn ihr an einem einzigen Faden zieht, dann bewegen sich viele weitere Fäden mit. So ist das auch mit Hormonen, wenn ein paar Hormone gestört sind, dann gerät das ganze System außer Gleichgewicht. Sind unsere Hormone nicht in Balance, kann es zu Depressionen, Angstzuständen, Schlafproblemen, Migräne, Menstruationsproblemen (Schmerzen, Regelmäßigkeit, etc.), Unfruchtbarkeit, Bindungsproblemen, uvm. kommen.
Die häufigsten Störfaktoren dabei sind Umweltgifte, Ernährung, Hygieneprodukte, Medikamente (wie die Anti-Baby-Pille), Stress und Trauma. Ein Störfaktor, der oft übersehen wird, aber essentiell in der ganzheitlichen Behandlung von hormoneller Balance und Frauengesundheit ist, sind psychosomatische Gründe. Hier arbeiten wir dann mit dem Unterbewusstsein, den Mustern und Glaubenssätzen.
Welche Tipps würdest du Frauen* geben, um ihren Körper und sich selbst besser kennenzulernen?
Leider wird der weibliche Körper immer noch zu einem gewissen Grad tabuisiert. In der Gender-Medizin werden solche Diskrepanzen beleuchtet und es ist erschreckend wie „unwichtig“ der weibliche Körper und seine Gesundheit teilweise immer noch für die Institution Bio-Medizin (Fachwort für die westliche Mainstream-Medizin) ist. Man muss sich doch nur einmal Medizin-Bücher durchsehen: Alle „neutralen“ Körperdarstellungen sind männliche Körper, „Mann“ gilt aus Archetyp des Menschseins und „Frau“ als Abweichung.
Darum ist es umso wichtiger, dass wir die Autorität über unseren wundervoll-wilden und weiblichen Körper zurückerlangen und die Expert:innen unseres eigenen Körpers werden. Ein erster Schritt dabei ist, sich über gegenwärtige Zustände und Körpersignale bewusst zu werden: Dafür spürt man einfach in den Körper rein, wie man sich denn gerade fühlt, was gerade im Körper präsent ist. Das kann man ein paarmal am Tag machen und hat eine tolle Wirkung auf die körperlich-mentale Verbindung.
Ein super Tipp, um den Körper im Kontext des Zyklus besser kennenzulernen ist, sich einen Zyklus-Kalender oder ein Tagebuch anzulegen. Dadurch kann man gewisse Muster und Anzeichen erkennen, die ganz individuell sind. Ein weiterer, besonders lustbringender Tipp ist es, den Körper durch Berührung besser kennenzulernen. Dabei darf man sich wirklich mal Zeit nehmen und sich selbst erkunden. Welche Art von Berührung mag ich gerade? Welche Körperstellen wollen besonders gerne berührt werden?
Und als Bonus noch einer meiner liebsten Insider-Tipps: Nackt tanzen! Das hilft nicht nur, sich mit der wilden Ausdruckskraft des Körpers zu verbinden, sondern regt auch noch die Endorphin- und Serotonin-Produktion an, zwei Hormone, die für unsere Glücksgefühle verantwortlich sind.
Was ist das Wichtigste beim Yoni-Steaming und wem würdest du es empfehlen?
Das Wichtigste beim Yoni-Steaming sind die richtigen Kräuter. Viele Frauen*, die Steaming gerne ausprobieren wollen, nehmen einfach irgendwelche Kräuter, oder machen Steaming-Abende bei Leuten, die nicht ausgebildet sind. Das Problem dabei ist, dass sich die falschen Kräuter kontraproduktiv auf den Zyklus auswirken können. Als zertifizierte Steaming-Instrukteurin suche ich gemeinsam mit Frauen* die richtigen Kräuter, den Steaming-Plan und die Dauer aus. Somit ist es ganz individuell auf die jeweilige Frau* und ihren Zyklus zugeschnitten.
Ich kann Yoni Steaming (zu deutsch übrigens Vaginal-Dampfbad) allen Frauen* empfehlen, die sich eine Auszeit gönnen wollen. Die Verbindung mit dem eigenen Körper und der Weiblichkeit steht hier im Vordergrund. Steaming wird seit Jahrtausenden eingesetzt um Zyklus-Thematiken zu behandeln. Vor allem bei unregelmäßigem Zyklus, starken Krämpfen, Endometriose, PCOS, nach Fehlgeburten oder Abtreibungen, bei Kinderwunsch, als Geburtsvorbereitung und Narben-Wundheilung würde ich Steaming empfehlen.
Auf spiritueller und energetischer Ebene ist es toll für alle, die sich gerne „reinigen“ wollen, sprich Altes loslassen, alte Verstrickungen und Trauma in der Gebärmutter lösen. Das Praktische ist, dass man das Steaming-Protokoll und die Sitzungen auch ganz bequem von Zuhause aus beziehen kann.
Nicht nur körperlich spielt sich viel im Bereich Balance und Blockaden ab, sondern auch seelisch. Was rätst du Frauen*, die alte Muster aufbrechen wollen?
Ganz genau! Das ist oft ein Aspekt, der übersehen wird. Ich sehe immer wieder, dass physische Symptome mit seelischen oder unterbewussten Blockaden zusammenhängen. Das erkennt man oft daran, dass ein gewisses Symptom (wie Blasenentzündung oder Pap) einfach nicht weg will, ganz gleich, was man versucht. In solchen Fällen sind es oft Verwurzelungen, die viel tiefer gehen und betrachtet werden müssen. Mein Rat: eine holistische Herangehensweise. Seht euch (alleine oder mit Expert:innen) die Verbindung zwischen physischen Symptom, mentalen Muster und emotionalen Aspekten an. Man kommt oft auf Zusammenhänge drauf, die man sich nie gedacht hätte.
Ich hatte zum Beispiel eine Klientin, die ständig mit einem hohen Pap-Wert zu kämpfen hatte, mit Prozessbegleitung sind wir dann auf den Grund gekommen: Durch ihre traumatische Kindheit hat sich unterbewusst der Glaubenssatz gebildet, diese Welt sei nicht sicher genug für ein Kind und sie soll auf keinen Fall ein Kind in diese Welt setzen, was sich psychosomatisch auf die Zervix (das Portal in diese Welt) übertragen hat. Als wir dann ganzheitlich (Massage, Steaming, Vitamine, Prozessarbeit, Schwingungsmedizin) daran gearbeitet haben, war dieser Wert nach einiger Zeit wieder normal. Denkt also auf jeden Fall außerhalb der Schublade und hört auf eure Intuition bezüglich der Zusammenhänge.
Was durftest du selbst schon von der Körperarbeit und dem Verbinden mit der Weiblichkeit lernen? Was hat dich am meisten überrascht?
Ich selbst komme von einem wissenschaftlichen Background und bin eher skeptisch veranlagt, bis ich empirische Beweise sehe. Daher hat mich, denke ich, die Wirksamkeit des Lösens von unterbewussten und seelischen Blockaden bisher am meisten beeindruckt. Auch die Tatsache, dass alles in unserem Leben zusammenhängt, ist immer wieder mit Staunen verbunden. Ich habe Klientinnen, die nur wegen ihrer Periodenkrämpfe zu mir gekommen sind und als sich dieses Problem gelöst hat, haben sie plötzlich mehr Lebenslust und Mut, ihr Leben umzukrempeln. Andere finden mehr Lust und Erfüllung in ihren Beziehungen.
Wir unterschätzen, was hormonelle Disbalance bzw. systemische Disbalance (also körperlich, mental, emotional) mit uns macht und wie weit uns diese negativ beeinflusst. Es ist an der Zeit, die Bedeutung des weiblichen Wohlbefindens wieder zuerkennen und ganzheitliche Zugänge als Standard zu etablieren.
Du hast Lust, mit Victoria zu arbeiten? Sie gibt regelmäßig Seminare oder Masterclasses zu Themen wie "schmerzfreie Periode" oder bietet weitere, ganzheitliche Services an, die du hier finden kannst.
--
Wichtig! Dieser Artikel darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung herangezogen werden, da er sehr allgemein gehalten ist. Wenn du Beschwerden hast, dich krank fühlst (physisch oder psychisch) oder noch mehr zu diesem Thema wissen möchtest, hole bitte ärztlichen Rat ein.